Nach der Anstrengung des gestrigen Tages haben Bernd und Bertil beschlossen, heute auf den Ab- und Aufstieg zum Kloster St. Georg zu verzichten. Gemeinsam, und nicht allzu erschöpft, vom Ölberg nach Jerusalem einzulaufen ist das Ziel. Vier Stationen werden heute mit dem Bus angefahren. Hop-on, hop-off.
Um Punkt 8.00 stehen der Bus vor Qasr el Yahud. Wir sind heute Morgen die erste Gruppe die zur Taufstelle am Jordan eingelassen wird, zeitgleich mit zwei jungen Soldatinnen mit Maschinengewehren. Sie treten ihren Dienst im Grenzgebiet zu Jordanien an.
Die Tribünen lassen schlimmes vermuten. Taufen finden hier vor großem Publikum statt. Wir stellen uns direkt am Jordan auf. “ Seit 2000 Jahren leben wir die Idee von Jesus Christus und verändern die Welt. Mit dem Segen erinnern wir an die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer.“ Unser Pilgerpastor zeichnet uns mit dem Wasser des Jordan ein kleines Kreuz auf die Stirn. Die Zeremonie ist schlicht und berührt.
An diesem konstruierten Ort verstehe ich, das es nicht darum geht, biblische Schauplätze zu besuchen. Unsere Zeremonie, die Lieder und Texte, unsere inneren Bilder hier im Heiligen Land geben diesen Orten ihre Bedeutung im Jetzt. Nationalpark und Tribünen hinoderher. Bernd‘ s Segnung ist ein Geschenk.
Einstieg und weiter zum Kloster St. Georg. Die Aussicht von einem Felsvorsprung ist großartig. Alle sind froh den Weg hinab/hinauf nicht laufen zu müssen.
Das Kloster, so wie es heute aussieht, wurde 1878 von einem griechischen Mönch wiederaufgebaut. Vor dieser Zeit diente es Mönchen als wöchentlicher Treffpunkt um die Liturgie gemeinsam zu feiern. Die als Eremit lebenden Mönche liefen von Gipfelkreuz zu Gipfelkreuz, den sogenannten Laura Weg.
Das Wadi Qelt unterhalb des Klosters war ein belebte Pilgerstrecke zwischen Jericho und Jerusalem. Die Parabel des barmherzigen Samariter können wir uns hier vorstellen. Ein Mönch, der die Reisenden mit Nahrung versorgt, ihnen Unterkunft gewährt, ihre Wunden versorgt. “ Was würde er wohl heute in Hamburg machen? Er könnte sich um die Menschen im Stau auf der A7 kümmern, ihnen Tee bringen.“ Ich muss schmunzeln, typisch Bernd.
Einstieg und weiter zur Quelle des Wadi Qelt. Beduinen erwarten uns am Parkplatz. Bertil nennt sie Freunde. Entsprechend herzlich ist die Begrüßung. Die schönen Beduientücher wechseln schnell ihre Besitzer. Bernd läßt sich seines gleich fachmännisch umbinden. Nimmt man ihm ab, den Beduinen. Gut behütet laufen wir bei sommerlichen Temperaturen zur Quelle. Der Weg ist abschüssig und liegt im strahlenden Sonnenschein. Den Duft der üppigen Salbeisträucher am Weg würde ich am liebsten konservieren. Ein Blatt in meiner Wasserflasche begleitet mich dann den ganzen Tag.
Die Quelle ist ein herrlicher Rastplatz. Eine arabische Gruppe watet durch das kristallklare Wasser und wir? Na klar, Wanderstiefel aus und die Füße rein. Zisch! Das Quellwassr hat Trinkqualität, vielleicht nicht mehr die nächsten Tage.
Wir feiern das Abendmahl, so wie esJesus mit seinen Jünger vor dem Einzug in Jerusalem gemacht hat. Am Wasserkanal stehen wir uns in zwei Reihen gegenüber, Bernd zwischen uns auf einer kleinen Brücke. Ein besonders Setting. Die Stimmung ist andächtig – das ist kein Moment für Fotos. „Friede sei mit dir“ ist der Wunsch von und an jeden von uns. Bernd singt leise sein „ey man“.
Nach dem Aufstieg der letzte Einstieg für heute. Am späten Nachmittag sehen wir das erste Mal Jerusalem vom Westhügel des Ölberg.
“ Smile, you are in Jerusalem!“