In nebligen Zeiten IV

Corona Tagebuch Woche 4

Nahrungsmittel und Hygiene Artikel nennen unsere Politiker systemrelevant. Für mich persönlich sind das auch Bücher und Blumen. Diskussionsbedarf.

Die Schlangen vor den Supermärkten und Drogerien zeugen in dieser Woche nicht von Hamsterkäufen sondern vom reglementierten Eintreten. Wir haben verstanden und uns überzeugen können, dass es keine Versorgungsengpässe gibt und geben wird. Auch weil die Berufsgruppen, die unsere tägliche Versorgung gewährleisten, die Kassiererinnen, die Lagermitarbeiter, die LKW Fahrer u.ä. ihren Job machen. 

Sollten diese Menschen nicht an ihrem Gehalt merken, das sie systemrelevant sind? Die großen Supermarkt- Ketten kündigen Bonuszahlungen für ihre Mitarbeiter an, steuerfrei sichert die Politik zu.

In New York hat in den 90ern ein Generalstreik der Müllabfuhr zu einem Umdenken geführt. Der damalige Bürgermeister sorgte dafür, das die Müllmänner jetzt bis zu 50.000$ im Jahr verdienen. Ihre Arbeit gewährleistet die Sauberkeit und Hygiene Standards für alle New Yorker. Was könnte systemrelevanter sein?

Setzen wir auf die Liste der noch zu diskutierenden Punkte.

Kultur, oder besser die Abwesenheit von Kultur ist ein großes Thema. Ich gehe gerne zu Lesungen oder ins Theater. Aus der ursprünglichen Verabredung mit meinem Freund, einmal monatlich eine Kulturveranstaltung zu besuchen, ist ein eher unregelmäßiger Rhythmus geworden. Aber allein der Umstand es zu können tut gut. Das Feuilleton, analog und digital, ist mein liebster Lesestoff, das Stapeln von ungelesene Büchern die Konsequenz und in Corona Zeiten meine Rettung.

Innerhalb weniger Tage haben Kulturschaffende das Netz für sich erobert. Autoren, die ihre Bücher schon nicht mehr auf der Leipziger Buchmesse vorstellen konnten, lesen aus ihren Neuerscheinungen. Musiker musizieren solo aus ihren Wohnzimmer oder als Orchester über Videochats.Theater und Konzerte spielen vor leeren Rängen und übertragen dies live im Netz. Verbunden ist damit ein Aufruf, diese Zeit zusammen gut zu überstehen. Künstler und Kreative werden es nur durch unsere Solidarität, auch nach der Krise, und den Soforthilfen der Regierung schaffen.

Leere Ränge auch in Sport- und Fußballstadien. Mein Mitgefühl haben all die Sportler die auf einen Wettkampf in 2020 trainiert haben. Die Trainingspläne sind auf genau einen Zeitpunkt optimiert. Für den Hobby Sportler, war ich auch schon, traurig, für die bezahlten Profis tragisch. Die Olympischen Spiele in Japan sind um ein Jahr verschoben. 

Apropos verschoben. Das Abitur sollte erst ausfallen, dann „notweise“ abgehalten werden und ist jetzt um zwei Wochen verschoben.  Die Abiturienten*innen sehen ihre Zukunftschancen gefährdet.

Der Unterricht für Schulkinder findet zur Zeit online statt. In jüngeren Jahrgängen werden wöchentlich Mappen mit Schulunterlagen verschickt, die zuhause bearbeitet und zurückgeschickt werden. Die Lehrer bzw. Schulbehörden befürchten andernfalls ein nicht nachzuholendes Defizit im Schulbetrieb. Ich höre und lese von Müttern, die sich mit der Aufgabe inhaltlich und zeitlich überfordert fühlen. „ Es gibt zur Zeit nichts Anspruchsvolleres als Homeoffice, Privatunterricht und Kinderbetreuung!“ lese ich im Blog einer Mutter eines achtjährigen Mädchens. 

Mein ältester Sohn macht mit seiner Frau und drei Kindern Homeoffice. Die Fotos, die mich fast täglich erreichen, zeigen eine entspannte und vor allem gesunde Familie. Ich bin froh, dass alle Kinder verantwortungsvoll mit der Situation umgehen, sich gegenseitig unterstützen und wir alle in gutem Kontakt miteinander sind.