Als die Anfrage meiner Freundin aus Wiesbaden kam, mit ihr und vier Freunden den Ostseeküsten Radweg, zumindest in Teilen, zu fahren bin ich sofort begeistert.
Die Strecke direkt „vor unserer Haustür“ ist jenseits von Lübeck Neuland für mich. Die alten Ostseebäder reihen sich wie Perlen an einer Schnur. Schon beim Vorlesen entstehen Bilder von schöner alter Bäder Architektur, endlosen Stränden, weißen Segeln und viel Natur.
Meine Freundin Sabine hat die notwendigen professionellen Fahrradrucksäcke zum Ausleihen. Das übrige Equipment habe ich, es ist dem beim Pilgern sehr ähnlich. Apropos, ich bin gespannt welche Parallelen es sonst gibt.
Treffpunkt 9.20 Lübeck Hbf. An einem Wochentag sind kaum Radler in der Regionalbahn. Ich kann mich im Fahrradwaggon bequem ausbreiten, Müsli und einen ersten Kaffee genießen und das Hamburger Abendblatt lesen. Kurzurlaub. Am Bahnhof einen kurze Vorstellungsrunde und schon heißt es Aufsitzen. Voraus fährt Alex, der die Fahrradkarte hat und auch sonst den Plan, hoffe ich. Der Endpunkt der Tagesetappe ist nämlich noch ungewiss, ein Quartier nicht gebucht.
Innerhalb der Stadt muss jeder konzentriert fahren. Das Überqueren von Ampeln und Kreuzungen ist in der 6er Gruppe nicht nur für uns eine Herausforderung. Der Ostseeradweg zeigt sich allmählich in schmaleren Straße und rutschigen Sandwegen. Der erste Sturz – ohne Schäden für Fahrer und Rad. Durch Wald und Feldwege geht es Richtung Travemünde.
“ Ich laufe vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Deutschlands.“ erzählt uns eine Wanderer an einer Weggabelung. “ Am Ellbogen auf Sylt bin ich gestartet.“ 400km ist er in 2 Wochen bis Lübeck gelaufen. In Garmisch werden es am Ende 1400km sein. Während ich ihm noch nachschaue werden mir zwei Dinge klar: Wandern ist meine Reiselust. Mir fehlt der Mut eine große Pilgerung alleine zu machen.
Gegen Mittag sehen wir von weitem das „Wahrzeichen“ Travemündes: das Hochhaus mit riesigem Logo Maritim Hotel. Eine typische Bausünde aus den 60er Jahren. Die Wiesbadener gönnen sich eine Stück Niederegger Torte inmitten des Fußgänger Trubel. Mir bleibt der Charme dieses Ortes verborgen. Auf einer Bank Blickrichtung Ostsee genieße ich mein Lunchpaket.
Mit der Fähre, öffentlicher Nahverkehr, geht es herüber nach Privall, einer 3km langen Halbinsel. Der Ostseeradweg führt hier entlang der Steilküste, bergab bergauf. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Die alte Radfahrer Weisheit, dass der Wind immer von vorne kommt, bewahrheitet sich heute erfreulicherweise nicht. Der ständige Höhenunterschied fordert schon meine ganze Kraft.
Für den Rest des Tages ist das mein Ausblick: links unzählige Zugänge zum Strand mit kleine Ausschnitten der Ostsee, rechts Roggen, Weizen, Gerste und Raspfelder mit blauen und roten Farbtupfen. Kornblumen- und Mohnblüten.
Am späten Nachmittag erreichen wir unsere Tagesetappe Boltenhagen. Bevor wir unser Quartier in weiteren 8km Entfernung Richtung Wismar erreichen, genießen meine Freundin und ich ein Stück Kuchen in einem Traditions Café in Strandnähe.