Corona Tagebuch Woche 3
Am Sonntagabend hat unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel eine zweite Ansprache im Fernsehen gehalten. Kommt nun die von vielen befürchtete und erwartete Ausgangssperre?
Ab Montag gilt eine Kontaktsperre für alle Bundesländer: Versammlungsverbot im öffentlichen und nicht öffentlichen Raum, physischer Kontakt mit nur einer Person ausgenommen Familien. Nur Bayern hat im Alleingang eine Ausgangssperre eingeführt. „Mir san mir“ ist im bayrischen Dialekt wohl die Grundlage dafür.
Nach einer anfänglich zeitlichen Begrenzung der Öffnungszeit von Lokalen und Cafés nun die komplette Schließung. Speisen zum Mitnehmen dürfen verkauft werden. Wir gehen selten auswärts Essen, aber wenn ich an die stets gut gefüllten Restaurants und Cafés hier im Stadtteil denke, ist das eine harte Maßnahme für die überwiegend jungen Städter.
Am Samstag in eine gute Freundin im europäischen Ausland plötzlich und völlig unerwartet verstorben. Schnell wird uns bewußt, das wir weder zur Trauerfeier fliegen könnten, noch uns zu einer privaten Trauerfeier im engeren Freundeskreis hier in Hamburg zusammenfinden werden. Welche Tragweite die Schutzmaßnahmen unserer Regierung haben, spüren wir jetzt allzu deutlich. In meiner Kirche verabschiede ich mich mit einem kleinen Ritual von meiner Freundin. In anderen Kirchenbänken sitzen vereinzelt Menschen im stillen Gebet. Ganz hinten höre ich ständiges „Geplapper“, zwei Verkäufer der Obdachlosen Zeitung HinzundKunz. Ich bin nicht in der Stimmung ein Heft zu kaufen. Schwere Zeiten für die zahlreichen Obdachlosen in dieser Stadt.
Das Wetter ist ja im kühlen, oft regnerischen Hamburg immer ein Thema. In dieser Woche, Mitte März, mit 12 grad ungewöhnlich warm und sonnig. Für die verhängte Kontaktsperre und den Aufruf zuhause zu bleiben kontraproduktiv. Die Parks und sonstigen Grünflächen sind nachgefragt, glücklich wer einen Balkon oder eigenen Garten hat. In den nahegelegenen Schrebergärten genießen Familien mit Kleinkindern ihr Idyll. Ich bin ein bißchen neidisch, genieße den Sonnenschein aber auch bei meinem Spaziergang. Der Serotonin Spiegel steigt, ein bißchen Hochgefühl das wir alle gebrauchen können.
Das der Verlust von physischem Kontakt Auswirkungen hat kann man in dieser Woche spüren. Experten bestätigen das virtueller/digitaler Kontakt kein Ersatz ist. Meinungsverschiedenheiten im Freundeskreis und Auseinandersetzungen mit Nachbarn über Nichtigkeiten, auch über den Gartenzaun hinweg, zeigen wie schwierig die Kontaktlosigkeit für viele Menschen ist. Am Abend sind sich alle wieder einig in unserem Carré. Abendlicher Applaus und Jubel für die Menschen die unser tägliches Leben mit ihrer Arbeit aufrechterhalten.
Durch Zufall entdecke ich am Ende der Woche, das unsere favorisierte Eisdiele Eisliebe geöffnet hat. Mit einem Becher köstlichstem Eis mit Sahne spaziere ich durch den Stadtteil. „ Hat Eisliebe geöffnet? Das ist ja ein gutes Zeichen!“ werde ich von einer Dame angesprochen. Eine Begegnung in dieser Stadt wie ich sie sehr schätze, zugewandt und freundlich. Sie freut sich mit mir und sicher auch auf ihr Eis an diesem Nachmittag.