Nachtzug


Das Angebot an Nachtzügen auf der Anzeigetafel der Central Station, kurz C genannt, in Stockhom ist attraktiv. Inländische Grosstädte wie Malmö, Are, Kiruna werden wegen ihrer großen Distanzen in Schweden mit Nachtzügen angefahren. Ins Nachbarland Norwegen geht es über Nacht zum Skifahren nach Lolea oder Narvik.

Mein Zug SJ 94 hat Waggons nach Lulea und Narvik angehängt. In Kiruna teilt sich der Zug. Gut zu wissen wo man einsteigt oder andere tun es.
Ein freundlicher Zugbegleiter empfängt alle Gäste vor dem Einstieg. „Hey Elke, du fährst nach bis Abisko. Wagen12 Bett30oben Privat Sleeping. Das dürfte wohl die beste Invention für diese Reise gewesen sein. Drei Betten übereinander, ein Alptraum trotz aller Eisenbahn Romantik. Beim späteren Durchgehen steht es den Dreier Besetzungen ins Gesicht geschrieben. Wie ich das sehen kann? Ihre Abteiltüren stehen offen, hält man sonst nicht aus.

Homefeeling mit eigenem Kopfkissen, eReader, leckeren Kleinigkeiten zum Vespern auf dem roten Klapptisch drapiert- kann losgehen. Kurz ruckelt es durch den ganzen Zug und schon ziehen die letzten Lichter Stockholms an meinem Fenster vorbei. Tagreisende berichten von einer gewissen Einöde wenn man durch Schweden zum Polarkreis fährt. Die Nacht taucht alles in nicht zu durschauendes Schwarz. Endlose Fichtenwälder kann ich nur erahnen.

Bleibt nur noch zu klären ob ich das obere bezogene Bett benutzte oder lieber alles nach unten auf mein daybed verlagere. Besonders ittitirend ist das Fangnetz mit Sicherheitsgurt auf dem 3. Stock. Also rauf und die Lage testen. Ganz kuschelig hier- ist entschieden ich bleibe hier.
Das gleichmäßige leise Rattern des Zuges und die manchmal wiegenden Bewegungen lassen mich friedlich schlafen.

PolarExpress

Wartezeiten auf dem Berliner Hauptbahnhof verbringe ich gerne damit mir die Destinationen der anderen Züge anzuschauen. Besonders jene aus dem Osten Europas haben es mir angetan. Schon äusserlich üben sie auf mich ihren ganz spezielle Charme aus: sie erinnern mich an die Züge meiner Kindheit.

Waggons die aussehen wie Märklin Eisenbahnen: gerundete Fensterrahmen, manuell aufschiebbare Waggontüren deren metallischer Innentritt sich beim Öffnen einschiebt. Kein blinkender hellgrüner Knopf der die Gäste zum Drücken auffordert, um dann nervig zu piepen während sich die Türen hydraulisch öffnen. Keine Eisenbahn Romantik, nirgends. In den Abteilen dunkelrote Sitze aus Kunstleder, im Speisewagen kleine Lampen mit Schirm.

Die Geschwindigkeit und der Komfort heutiger Züge wird auch von mir geschätzt: Hamburg-Berlin in 1Stunde 40 Minuten. Telefonieren, Surfen im Wifi der DB, kostenlos natürlich, nettes Frühstück am Platz oder abends eine leckere vegane Currywurst. Reisen mit der DB im 20. Jahrhundert. Ich spreche hier vom besten angenommen Fall.

Kleiner Throwback: Sommer 1972 – Duisburg Hauptbahnhof. Mit dem D-Zug geht es durch das Rheintal in den Süden, eine der landschaftlich schönsten Strecken Deutschland. Schlösser und Burgen säumen die Strecke parallel zum Rhein. Der Vater kennt die Geschichten dazu, vom Riesling, Heinrich Heine und der Loreley.

Speisewagen, die mit den Schirmlampen:), sind Teil des Zuges ebenso wie die neu eingeführten Snack Bars. Unsere unverzichtbare Ausrüstung für 14 Stunden auf den Schienen: Proviantkorb, Kofferradio, Spielkarten, Kreuzworträtsel + Kuli, FürSie. „Mach mal das Fenster runter!“ eine schöne Abwechslung in jedem Bahnhof. Frische Luft rein – Reiseproviant Mief raus, kurz mal schauen wer in Koblenz so zusteigt. Dann der Pfiff des Schaffners, Fenster hoch, Kofferradio an.


Die schwedische Eisenbahn Gesellschaft SJ betreibt einen regelmässigen Nachtzug über Berlin und Hamburg nach Stockholm. 16 Stunden Fahrt über Kopenhagen, Malmö und weiteren 13 Stationen bis in die schwedische Hauptstadt. Umstieg und Weiterfahrt im Schlafwagen am gleichen Abend nach Abisko jenseits des Polarkreis. Die neue Verantwortung des Reisen hat Zügen wie diesem ein grandioses Revival beschert.